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Bedeutung von Compliance am Beispiel des Börsenstars E

Geschrieben von Pythagoras Blog Team | 16.06.2023 09:48:03

Die Bedeutung von Compliance am Beispiel des ehemaligen Börsenstars “E.”

Compliance ist in den letzten Jahren zu einer der wichtigsten Herausforderungen für Unternehmen avanciert. Die damit verbundene Auseinandersetzung um Vorschriften, Regelungen und Normen einzuhalten, ist oftmals abstrakt. Deswegen wollen wir uns der Thematik im Rahmen eines Beispiels aus der Wirtschaft nähern. Dazu betrachten wir die Historie und das Geschäftsgebaren des Konzerns «E.», der im Energiesektor tätig war.

Der Aufstieg von “E.”

Als “E.” Mitte der 1980er aus dem Zusammenschluss von zwei im Gassektor tätigen Unternehmen entstand, war der folgende kometenhafte Aufstieg nicht abzusehen. Zunächst folgte eine sukzessive Ausweitung der Geschäftstätigkeiten. Hilfreich waren dabei die mehrheitlich stark deregulierten Märkte. Bald betrieb “E.” nicht nur Gaspipelines, sondern stieg auch in den Handel mit Erdgas, Kohle, Metallen, Wasser und sogar Schlechtwetterversicherungen ein.

Die Geschäftsstrategie war voll auf Wachstum und die Generierung von möglichst hohen Umsätzen ausgelegt. 1999 erzielte der Konzern Umsatzerlöse in Höhe von rund 40 Milliarden US-Dollar. Ein Jahr später sollen es bereits 100 Milliarden US-Dollar gewesen sein. Wenig bescheiden feierte sich “E.” als „großartiges Unternehmen der Welt” und als Big Player im damaligen Trend-Thema E-Commerce. 

So kam “E.” bei Medien und Börse an

Nicht nur die Manager von “E.” hatten eine hohe Meinung über den eigenen Konzern. Auch zahlreiche Medien – darunter renommierte Wirtschaftsmagazine – lobten die Innovationskraft und zeichnete diese mit mehreren Preisen aus. An der Börse avancierte “E.” zum Star und zum Liebling zahlreicher Analysten. Die Folge waren immer höhere Bewertungen. Ende des Jahres 2000 notierten die Aktien von “E.” bei über 80 US-Dollar. Damit verbunden war eine Marktkapitalisierung von mehr als 60 Milliarden Dollar. Die Bewertung der Anteilsscheine von “E.” entsprach zu diesem Zeitpunkt einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 70. Das war ein Vielfaches von vergleichbaren börsennotierten Unternehmen. Viele Anleger waren jedoch sicher, dass das avisierte hohe Gewinnwachstum diese Bewertung rechtfertigte. Zwar sank der Aktienkurs nach dem Rücktritt des CEOs und unerwarteter Verlustmeldungen einiger Konzernbereiche im Sommer 2001 auf unter 40 US-Dollar. Im August 2001 markierte der Aktienkurs von “E.” aber bei über 90 US-Dollar einen Höchstwert.

Der tiefe Fall von “E.”

Anfang Dezember 2001 waren die Aktien von “E.” nur noch 0,26 US-Dollar wert. Wer beim Höchstkurs wenige Wochen zuvor Anteilsscheine des Konzerns gekauft hatte, verlor über 99 Prozent seines Einsatzes. Wie war es aber zu diesem Absturz gekommen? Den Anfang machte der Brief eines Whistleblowers Mitte August 2001. Zwei Monate später kündigte das Unternehmen an, die Jahresabschlüsse der letzten Jahre nach unten anzupassen. Am 21. Oktober meldete die nationale Börsenaufsichtsbehörde Untersuchungsbedarf an. Infolge der Querelen senkten Ratinggesellschaften die Bonität von “E.” Führende Manager mussten das Unternehmen verlassen und der Aktienkurs stürzte weiter ab. Als der Verkauf an einen Wettbewerber Ende November scheiterte, beantragte der Energiekonzern am 2. Dezember 2001 Insolvenz bzw. Gläubigerschutz.

 

Die gravierenden Folgen

Nach einer Prüfung der Bilanzen von “E.” kam heraus, dass Schulden im Volumen von rund 56 Milliarden US-Dollar versteckt waren. Der Verlust an Börsenwert betrug 78 Milliarden Euro. Hier waren sowohl private und institutionelle Anleger die Leidtragenden. Gleichzeitig verloren über 20.000 Mitarbeiter ihren Job. Diejenigen davon, die für ihren Ruhestand in Aktien von “E.” investiert hatten, waren damit gleich doppelt betroffen. Mehrere Manager – bis hin zum Top-Management – erhielten mehrjährige Haftstrafen und mussten Schadensersatzzahlungen leisten. Für die von “E.” mit der Prüfung der Bilanzen beauftragte Wirtschaftsprüfungsagentur bedeutete der Fall de facto das Aus. Auch politisch gab es Konsequenzen: Es kam zu einer Verschärfung der Gesetze, obwohl “E.” auch so gegen geltendes Recht verstossen hatte.

Das war bei “E.” schiefgelaufen

Hatte “E.” einfach Pech gehabt? Immerhin litten zu Anfang des 21. Jahrhunderts zahlreiche Unternehmen unter dem Platzen der sogenannten Dotcom-Blase. Bei “E.” war der Fall allerdings selbst verschuldet. Verantwortlich waren unter anderem folgende Faktoren.

Aufgeblähte Umsätze

Ein fortgesetztes Umsatzwachstum kommt an der Börse immer gut an. Genau das lieferte “E.” scheinbar. Tatsächlich machte der Konzern zahlreiche Geschäfte mit eigenen Tochtergesellschaften. Diese standen mittelbar oder unmittelbar unter der Kontrolle des Konzerns bzw. von dessen Führungspersonal. “E.” überzeugte die beauftragte Wirtschaftsprüfungsagentur, dass die in Steuerparadiesen ansässigen Konzerntöchter im Konzernabschluss nicht auftauchen.

Bereicherungen durch Manager

Bei “E.” scheinen sich zahlreiche Angestellte bereichert zu haben. Das begann bereits beim unteren und mittleren Management. Hier sollen Firmenjets als Transportmittel für private Reisen gedient haben. Im höheren Management war die Selbstbedienung laut Medienberichten noch dreister. Demnach hat ein Top-Manager bei Deals Millionenbeträge für sich abgezweigt.

Aggressive bis illegale Bewertungen

Bei Bewertungen ging “E.” zunächst aggressiv und später sogar illegal vor. Besonders deutlich zeigte sich das bei der verwendeten Bilanzierungsmethode «Mark to market». In diesem Zusammenhang soll die Bewertung von Vermögenswerten mit fairem, am Markt erzielbaren Erlös erfolgen. Verantwortliche nutzen die Methode aber gezielt, um die Aktivseite der Konzernbilanz nach Belieben aufzupumpen und überhöhte Bewertungen vorzugaukeln.

Künstliche Scheingewinne

Bewertungstricks waren nicht die einzige Technik, um Gewinne vorzutäuschen. So erfolgte die Verbuchung von geplanten bzw. vereinbarten Termingeschäften teilweise direkt als Ertrag. Gleichzeitig kam es bei ähnlich gelagerten Einkäufen nicht zur direkten Erfassung als Aufwand. Es entstanden Scheingewinne, die wenig mit der Realität zu tun hatten. 

Mangelnde Nachhaltigkeit

“E.” honorierte offensiv Manager mit Aktienoptionen, die aggressiv Geschäfte machten. Das war selbst dann der Fall, wenn diese mittel- und langfristig nicht im Interesse des Konzerns lagen und wenig nachhaltig waren. Die Entlohnung war an die Entwicklung des Aktienkurses von “E.” geknüpft. So bedeuteten höhere Umsätze und durch Buchungstricks vorgegaukelte Gewinne indirekt mehr Einkommen bzw. wertvollere Aktienoptionen. 

Versteckte Schulden

Die vierstellige Anzahl von Tochtergesellschaften dienten “E.” nicht nur zum Aufblähen von Umsätzen. Weil es hier zu keiner Konsolidierung kam, liessen sich in den auf Konzernebene nicht berücksichtigten Bilanzen unschöne Dinge verstecken.  Dazu gehörten Schulden in Milliardenhöhe.

Spielten bei “E.” Compliance-Regelungen keine Rolle?

Mit einem Blick auf den Fall “E.” stellt sich zwangsläufig die Frage, ob es keine konzerninternen Compliance-Regelungen gab. Angesichts der vielfältigen Verstösse hätte diese zumindest einige Exzesse verhindern müssen. Tatsache ist, dass “E.” über ein umfangreiches Compliance-System verfügte. Es gab für jeden Mitarbeiter einen zu unterschreibenden Verhaltenskodex («Code of Ethics»). Ferner beschäftigte “E.” einen Compliance Officer und verfügte über eine Ethik-Hotline zur Anzeige von Missständen. Zu dieser Zeit war das auch bei grossen Konzernen noch keine Selbstverständlichkeit.

 

Darum: Compliance 2.0

Auf den ersten Blick scheint es anhand des Beispiels “E.” nicht so, dass Compliance-Regelungen funktionieren. Die Einhaltung von Recht und Gesetz im engen Sinne des Begriffs ist für die Allgemeinheit zwar fraglos wünschenswert. Noch besser ist es, wenn Unternehmen im weiteren Sinne des Begriffs ethisch und integer wirtschaften. Funktioniert das in der Praxis? Ja! Doch dann dürfen Compliance-Vereinbarungen keine Lippenbekenntnisse sein. Denn darum handelte es sich bei “E.” letztlich. Darauf deutet unter anderem die Tatsache hin, dass “E.” ausdrücklich darauf verzichtete, den «Code of Ethics» zum Teil der Arbeitsverträge zu machen. Allgemeiner formuliert: Um Wirksamkeit zu entfalten, ist eine moderne, umfassende und systematische Compliance 2.0 notwendig. 

Effektive Compliance dank professioneller Unterstützung

Ein Compliance-Hemmschuh ist fraglos die Komplexität der Thematik. Statt einzelner Massnahmen bedarf es in der ökonomischen Praxis einer Vielzahl von schlagkräftigen Instrumenten. Diese sind im Idealfall aufeinander abgestimmt und in ein agiles System eingebettet. Die Expertise dafür ist bei den meisten Unternehmen jedoch nicht vorhanden. Intern lässt sich diese oft nur mit grossem Aufwand und unter hohen Kosten aufbauen. Deswegen ist besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen in der Regel externe Hilfe von auf die Compliance-Thematik spezialisierten Partnern erforderlich. Diese können bewährte und auf die Situation von Kunden abgestimmte Lösungen anbieten. Ein solcher Compliance-Spezialist und Partner für Firmen ist Pythagoras Solutions. Von modernen IT-Tools über technischen Support bis zum umfassenden Compliance-Training bietet das Schweizer Unternehmen Partnern hier Hilfe.

Der Einsatz von Compliance Tools

Die Compliance Tools von Pythagoras Solutions bieten Ihnen die Lösungen, die Sie benötigen, um Ihre Geschäftspartner zu überprüfen und sicherzustellen, dass Sie die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Mit unserer KYC-Compliance-Lösung können Sie Ihre Geschäftspartner effizient prüfen und Risiken minimieren. Darüber hinaus bietet unser flexibles System zur Plausibilitätsanalyse von Transaktionen eine umfassende Überwachung, um verdächtige Aktivitäten frühzeitig zu erkennen. Unsere lernende AML-Software unterstützt Sie bei der Einhaltung der Geldwäsche-Compliance, indem sie automatisch verdächtige Transaktionen erkennt und Ihnen ermöglicht, schnell und effektiv zu handeln.

Compliance-Investitionen lohnen sich

Compliance ist kein lästiges Übel. Es handelt sich vielmehr um eine Chance für Unternehmen, mit der sich attraktive Wettbewerbsvorteile generieren lassen. So vermindern Sie durch Ihr Compliance-Engagement nicht nur die Risiken, die sich durch die Vermeidung von rechtlichen Auseinandersetzungen ergeben. Längst beauftragen viele Unternehmen, Organisationen und Behörden nur noch Unternehmen mit einem funktionierenden Compliance-System. Firmen, die sich mit der Compliance-Problematik nicht befassen, erhalten hier somit keine Chance, überhaupt relevante Wettbewerber zu werden. Gleichzeitig können Unternehmen durch professionelles Compliance-Management das Unternehmensimage verbessern. Das verbessert den Ruf bei Kunden, Lieferanten und qualifizierten Arbeitnehmern.

Gesicherte unternehmerische Zukunft dank Compliance

Sie können die Chancen für ein Fortbestehen Ihres Unternehmens durch Compliance-Engagement erhöhen. Kehren wir dazu zum Beispiel “E.” zurück. Dessen Niedergang hat zahlreiche Unternehmen, die mit dem Konzern in Verbindung standen, in existenzielle Schwierigkeiten gebracht und in den Abgrund gezogen. Dass sich dieses hätte vermeiden lassen, beweist das Beispiel des Versorgers “V.” Dieser plante im Jahr 1999 einen Zusammenschluss mit “E.”. Doch eine von “V.” initiierte Durchleuchtung von “E.” führte dazu, dass die beauftragten Experten von einer Fusion nachdrücklich abrieten. Wenn auch Sie die Zukunft Ihres Unternehmens sichern wollen, ist die Compliance somit ein wichtiger Baustein. Dabei sollten Sie sowohl in Technologie als auch in Beratung und Expertise investieren.

 


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