Indirekte Sanktionen: Der stille Störfaktor in der globalen Wirtschaft

von Admin
3 min Lesezeit
26.07.2023 09:54:00

Indirekte Sanktionen

Sanktionen, ein Instrument, das von Nationen oder internationalen Gremien zur Erreichung spezifischer Ziele eingesetzt wird, nehmen verschiedene Formen an, wie etwa Vermögenssperren, Embargos, Handelsbeschränkungen und Reiseverbote. Während die Auswirkungen direkter Sanktionen oft klar sind, sind die Herausforderungen, die durch indirekte Sanktionen gestellt werden, weniger sichtbar, aber ebenso bedeutend. Dieser Artikel zielt darauf ab, Licht auf die Komplexität indirekter Sanktionen und ihre Auswirkungen auf Unternehmen zu werfen.

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Direkte vs. Indirekte Sanktionen: Eine komplexe Landschaft

Direkte Sanktionen sind unkompliziert: Einheiten auf einer Sanktionsliste, ob es sich dabei um Unternehmen, Einzelpersonen oder Regierungseinheiten handelt, sind ausdrücklich von bestimmten Arten von Engagements ausgeschlossen. Die Gewässer werden jedoch trüber, wenn wir uns in den Bereich der indirekten Sanktionen begeben. Indirekte Sanktionen zielen auf Einheiten ab, die nicht ausdrücklich im Sanktionsregime genannt werden. Diese Einheiten sind jedoch durch Eigentum oder Kontrolle mit sanktionierten Einzelpersonen oder Einheiten verbunden. Mit anderen Worten, wenn ein Unternehmen oder eine Einzelperson nicht direkt sanktioniert ist, aber mehrheitlich im Besitz oder unter Kontrolle einer sanktionierten Einheit steht, können sie ebenfalls in den Geltungsbereich dieser indirekten Sanktionen fallen.

Verständnis von indirekten Sanktionen: US, UK und EU Perspektiven

Die Kriterien für das Auslösen indirekter Sanktionen variieren erheblich zwischen verschiedenen Sanktionsregimen. So wendet beispielsweise das US-Finanzministeriums Büro für Kontrolle ausländischer Vermögenswerte (OFAC) eine 50%-Regel auf der Grundlage des Eigentums an. Im Gegensatz dazu berücksichtigen das Vereinigte Königreich und die Europäische Union sowohl Eigentum als auch Kontrolle.

In den USA wird eine Einheit als sanktioniert betrachtet, wenn sie zu mindestens 50% direkt oder indirekt im Besitz einer oder mehrerer sanktionierter Einheiten ist. Das Vereinigte Königreich und die EU haben jedoch eine breitere Definition. Sie betrachten eine Einheit als sanktioniert, wenn sie direkt oder indirekt im Besitz oder unter Kontrolle einer Person mit mehr als 50% der Anteile oder Stimmrechte ist. Kontrolle kann auch durch die Fähigkeit zur Ernennung oder Abberufung von Vorstandsmitgliedern, die Ausübung eines beherrschenden Einflusses und die Beteiligung an den finanziellen Verbindlichkeiten der Einheit festgestellt werden.

Die sich entwickelnde UK-Perspektive

Ein kürzlicher Gerichtsfall in Grossbritannien zeigt die sich entwickelnde Natur indirekter Sanktionen, insbesondere die Feinheiten dessen, was „Kontrolle“ ausmacht. Die britische Regierung erklärte, dass eine Person mit einem 28%igen Anteil an einem Unternehmen als „effektiv kontrollierend“ angesehen wurde, was dazu führte, dass die Person unter Sanktionen eingestuft wurde. Die Bewertung der Regierung berücksichtigte Verbindungen zu engen Vertrauten, was die Bedeutung von „Einfluss“ in Kontrollbewertungen und die Notwendigkeit einer umfassenden Analyse assoziierter Netzwerke betont. Der anschliessende Rücktritt der meisten Vorstandsmitglieder des Unternehmens verdeutlicht die wahrgenommenen Risiken einer Verbindung mit einer sanktionierten Partei.

Fallstudie: Die Klage gegen JPMorgan Chase

Die Auswirkungen indirekter Sanktionen können schwerwiegend sein und zu langwierigen Rechtsstreitigkeiten und erheblichen finanziellen Strafen führen. Ein Beispiel hierfür ist JP Morgan – bei dem festgestellt wurde, dass Transaktionen verarbeitet wurden, die möglicherweise Interessen einer sanktionierten Partei zuzuordnen sind.

Am 5. Oktober 2018 einigte sich das Amt für Kontrolle ausländischer Vermögenswerte (Office of Foreign Assets Control, OFAC) des US-amerikanischen Finanzministeriums mit der JPMorgan Chase Bank, N.A., auf eine mögliche zivilrechtliche Haftung für 87 offensichtliche Verstösse gegen Sanktionsbestimmungen. Die Einigung belief sich auf 5.263.171 US-Dollar und betraf Transaktionen im Zusammenhang mit Sanktionen gegen Kuba, den Iran und Waffenlieferanten für Massenvernichtungswaffen.

Diese Verstösse umfassten Netto-Abwicklungszahlungen, von denen ein kleiner Teil mit Fluggesellschaften in Verbindung stand, die auf der Liste der besonders gekennzeichneten Staatsangehörigen und blockierten Personen des OFAC standen oder in sanktionierten Ländern tätig waren. JPMorgan Chase gab die Verstösse freiwillig gegenüber dem OFAC bekannt, was eine Kooperationsbereitschaft zeigte und zu einer nicht als besonders gravierend eingestuften Bewertung durch das OFAC führte.

Diese Einigung betont die Notwendigkeit einer strengen Einhaltung von Sanktionsbestimmungen und verdeutlicht die weitreichenden Auswirkungen indirekter Sanktionen. Wachsamkeit und proaktive Massnahmen sind für Finanzinstitute entscheidend, um die Komplexität der Sanktionen zu bewältigen und potenzielle Strafen und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

Schlussfolgerung

Der Fall JPMorgan unterstreicht, dass Transaktionen, die ein indirektes Interesse eines Sanktionsziels beinhalten, in den Geltungsbereich von Sanktionsverboten fallen und der Durchsetzung unterliegen. Darüber hinaus müssen Institutionen nicht nur auf ihre direkten Kunden, sondern auch auf die Kunden ihrer Kunden achten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass indirekte Sanktionen zwar ein mächtiges Instrument im Arsenal der internationalen Diplomatie darstellen, ihre Komplexität jedoch erhebliche Herausforderungen für Unternehmen darstellt. Grosse Sorgfalt und Kompetenz im Verständnis und in der Einhaltung dieser Sanktionen sind erforderlich, um sicherzustellen, dass Unternehmen diese komplexe Landschaft effektiv navigieren können.

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